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Vertrieben aus Hietzing

Ernest Weiss

Ernest Weiss berichtet von bekannten Familien, dem Geschäft seiner Eltern und seiner Zeit in der amerikanischen Armee.

Mein Freundeskreis in Hietzing war mehr in der engen Nachbarschaft hauptsächlich begrenzt. Innerhalb von Ober und Unter St. Veit und ich kann nur von einigen wenigen Familien berichten mit denen ich näher befreundet war.

Familie Fried

Die Familie Leopold Fried hat im eigenen Haus auf der Hietzinger Hauptstraße 108 im zweiten Stock gewohnt und hat die folgenden Mitglieder gehabt: Vater und Mutter: Leopold und Grete, Kinder: Walter und Alice. Die Familie ist im Hahre 1923 vom Neubau nach Hietzing gezogen und kaufte zu gleicher Zeit das Haus. Leopold Fried hat ein Drogerie Artikel Grosshandel betrieben und sein Geschäft war in der Neubaugasse. Frau Grete Fried hat ungefähr im Jahr 1930 ein Geflügelgeschäft im selben Wohnhaus in einem Kellerlokal in Partnerschaft mit ihrer Schwägerin eröffnet. Herr und Frau Fried sind im Herbst 1938 nach New York ausgewandert, haben sich dort etabliert und sind in den 1960er Jahren dort gestorben.

Ihr Sohn: Walter Fried hat die Realschule in der Astgasse im Jahre 1923 begonnen und im Jahre 1932 dort maturiert. Er besuchte die Handelsakademie für ein Jahr , bekam ein Angestelter in der Firma seines Vaters und ein Jahr später in einer Papierfabrik. Im Juni 1938 ist er nach New York ausgewandered und hat dort einen Posten in einer Papierfabrik gefunden. Im Februar 1939 heiratete er Gladys Kraus die von Ober St.Veit im Jahre 1938 nach England und im Jänner 1939 nach New York ausgewandert ist. Walter war in der US Armee von 1943 bis 1945 und kämpfte in Europa. Er wurde später ein Manager in einer Büromöbel Fabrik die von New York in eine kleine Stadt im Staate Pennsylvanie übersiedelte.

Er ist dort im Jahre 1978 in Pension getreten, übersiedelt in 1981 nach Kalifornien und ist dort im Jahre 1993 gestorben. Seine Frau, Gladys, starb im Jahre 1991. Sie hatten zwei Söhne: Gerald, der nach vier Jahren Studium die Universität absolvierte und dann als Ingeneur arbeitete, später seine eigene Firma gründete und jetzt mit Frau in Kalifornia lebt. Sie haben zwei Kinder und zwei Enkel. Stanley: ist ein Chirurg in einem Kalifornia Spital, ist verheiratet und hat acht Kinder. Leopolds Tochter: Alice hat acht Jahre Schule beendet und ist dann Schneiderin geworden. Sie ist im August 1938 nach New York ausgewandered und hat dort im Jahre 1942 geheiratet (Fabrikant Simon Erber). Sie haben vier Söhne, eine Anzahl Enkel und Grossenkel und wohnen derzeit in New York.

Leopold Frieds Bruder Adolf und seine Frau Jolan haben im Eckhaus Bossigasse 30 im zweiten Stock eine Wohnung gehabt. Er war in Partnerschaft mit seinem Bruder Leopold im Grosshandel. Das Ehepaar sind im Herbst 1938 nach New York ausgewandered und dort gestorben. Sie hatten zwei Söhne: Egon und Hans. Beide hatten 8 Jahre Schule absolviert und sind im Juni 1938 nach New York ausgewandert. Beide etablierten ihre eigenen Geschäfte, heirateten und beide hatten jeh zwei Kinder und zwei Enkel. Sie sind schon beide gestorben und nur die Witwe von Egon lebt in Florida.

Familie Weiss

Professor Heinrich und seine Frau Grete haben in der Mezzanin Wohnung mit ihren fünf Kindern im Haus 108 Hietzinger Hauptstraße gewohnt. Er war ein Kunstlehrer und Mahler. Deren Kinder: Ilse hat geheiratet und ist mit ihrem Gatten im Jahr 1938 nach England und dann nach dem Krieg nach USA ausgewandert. Sie haben sich in Boston niedergelassen wo auch eine zweite Tochter geboren wurde. Frau Ilse lebt noch, ihr Gatte ist verstorben. Erika hatte im alter von 10 Jahre eine schwere Krankheit durchgemacht wobei sie geistig behindert wurde.

Sie musste in die Steinhof Anstalt untergebracht werden und wurde eventual bei den Nazis umgebracht. Walter hat im Jahr 1919 die Volkschule in der Feldmühlgasse begonnen, in 1932 in der Götherealschule maturiert und hat seine Studien als Möbeldesigner fortgesetzt. Er fand einen Posten in einer Möbelfabrik. Er heiratete im August 1938 und kurz nachher wanderte nach der USA aus und lebte bis zu seinem Tod in Boston. Er und seine Frau Lisl hatten drei Töchter und eine Anzahl Enkel.

Hans maturierte im Jahr 1935 fuhr nach Australien im Juni 1938 and übersiedelte im Jahre 1948 nach New York wo er heiratete und ein Vertreter von feinen Stoffen wurde. Er starb ungefähr 1980 und hatte zwei Kinder. Beide Brüder, Walter und Hans waren im der Hockey Nationalmannschaft aber weigerten sich in 1936 an den Olympischen Spielen in Berlin teilzunehmen. Ich glaube deshalb blieb die ganze Mannschaft in Wien.

Trude beendete die Bürgerschule, wurde Schneiderin, verließ Wien im August 1938 und heiratet in Boston Hans Ehrlich. Sie lebt dort noch, ist verwitwet, hat einen Sohn, Enkel und Grossenkel.

Im selben Haus wie die Frieds und Weisz lebten, wohnten auch die Familien Wiener und Drechsler und noch andere, aber ich hatte wenig Verbindung mit beiden und weiss nicht deren Schicksal.

In dem Wohnhaus Bossigasse 25 hat die Familie Hayek gewohnt. Sie hatten drei Söhne. Der Operndirigent und Direktor Franz Schalk und der Österreichische Vertreter der Parker Füllfedern, Herr Kohn, hatten Villen und der „Freie Presse“ Journalist Fehl lebte in einem Wohnhaus in der Meytensgasse, zwischen Mantlergasse und Preindlgasse. Dr. Pick hatte seine Wohnung und Ordination in dem Eckhaus, Spohrstraße und Hietzinger Hauptstraße gehabt. Ungefähr Hietzinger Hauptstraße 120 wohnte die Familie Zipper die ein Autoreifengeschäft in der Inneren Stadt führte. Da waren einige erwachsene Kinder und einer der Söhne hat Musik studiert und war ein Orchester Dirigent. Es wohnten noch ein paar andere Jüdische Familien in der Hietzinger Hauptstraße an deren Namen ich mich nicht mehr erinnern kann und über dessen Schicksal mir nichts bekannt ist.

Meine Familie

Mein Grossvater Kommerzialrat Philipp Weiss ist von dem Ungarischen Dörfchen Yasfalu ungefähr 1860 nach Wien übersiedelt. Er wurde Drechsler und hat 1879 sein eigenes Unternehmen gegründet das sich späte in ein Export/Import Geschäft entwickelt hat, mit Kundern in fast allen Europäischen Ländern und New York. Drei seiner Söhne wurden Partners und haben das Geschäft dann nachdem er in 1915 in den Ruhestand trat,selbst geführt. Mein Vater David war einer der Gesellschafter. Meine Eltern: Theodor David und Ida (geb. König) Weiss.

Mein Vater, in Wien 1871 geboren war das zweite von sieben Kindern, hat während kurzer Dienstleistung in der Österreichischen Armee im Winter 1914 ein Fußleiden entwickelt, das nach Jahren als Multiple Klerose diagnostiziert wurde. Im Jahre 1915 ist die Familie vom Neubau nach Hietzing in die Mezzaninwohnung Bossigasse 19 übersiedelt. Mein Vater starb im Jänner 1940, und kurz danach wurde meine Mutter mit nur wenig Habseligkeiten von der Wohnung, die ein Nazi Parteigenosse übernommen hat, vertrieben. Ida Weiss starb in einem der Vernichtungslager im Jahre 1942. Während 1938 bis in 1940, bevor meine Mutter in die Leopoldstadt vertrieben wurde, waren die Nachbarn und Geschäftsleute wo meine Mutter seit Jahren einkaufte immer weiter mitfühlend und eine unserer früheren Dienstboten, die einen Fleischhauer geheiratet hat, kam nach März 1938 mehrere Male mit Esspakete um meinen Eltern auszuhelfen.

Meine Schwester Lilly (geb. 1905) war Modistin und führte ihren eigenen Salon in der Dorotheagasse bis sie im Jahre 1934 Dipl.Ing. Otto Knötig heiratete. Sie war vor der Hochzeit zum Protestantismus übergetreten und verbrachte die ganzen Kriegsjahre in Wien wo sie zur Zwangsarbeit eingezogen wurde. Ihr Gatte ist ihr während dieser Jahre treu zur Seite gestanden und sie konnte deshalb diese schwere Zeit überleben. Mein Schwager wurde gezwungen sich scheiden zu lassen und wenn er mit meiner Schwester vor dem Richter erschien, fragte er meinen Schwager und meine Schwester ob sie sich noch lieben, das beide bejahten, worauf der Richter sagte ich sehe keinen Grund Euch zu trennen. Der Richter war ein älterer Herr der sofort wusste warum die beiden vor ihm standen und was die Folgen so eine Scheidung für das Schicksal meiner Schwester sein würden. Das Ehepaar und dann meine Schwester allein nach dem Tod meines Schwagers, hat in der MeidlingerHauptstraße von 1934 bis 1992 gewohnt. Sie hatten keine Kinder. Sie starb im Rosenhügelheim in 1996.

Ich, Ernest Rafael, bin am 22. Jänner 1913 in unserer damaligen Wohnung in der Neubaugasse geboren. Ich besuchte die Volkschule in der Feldmühlgasse von 1919 bis 1923 und dann die Mittelschule in Traiskirchen (früher Offiziers Schule) bis 1926. Ich war der einzige Jüdische Schüler von 400 und die antisemitische Atmosphäre die dort vorherrschte machte es sehr schwierig für mich und ich übersiedelte in die Deutsche Mittelschule in der Astgasse, wo ich 1932 maturierte. Wir waren nur eine Klasse mit 18 Schülern und sehr dick befreundet. Eigentlich war nur ein Mitschüler in Sympathie mit den Nazis aber hat den Antisemitmus nicht gegen seine drei jüdischen Kollegen gezeigt. Sogar nach dem „Anschluss“ haben mehrere meiner Mitschüler mich angerufen, um zu erfahren wie es mir und den anderen Jüdischen Kollegen ging. Während meines Besuches in 1974 haben die 11 überlebenden Kameraden, (Mitschüler Walter Fried war nicht dabei) sich getroffen und während meines 2002 Besuches habe ich mich mit den zwei dann verbliebenen(einer ist im Oktober gestorben) wieder getroffen.

Nach der Matura wurde ich dann Beamter in der Familienfirma, Siebensterngasse 46, wo ich später als Geschäftsreisender in der Tschechoslovakei und Jugoslavien von 1936 bis 1939 tätig war. Ich kehrte von einem Geschäftsbesuch in der Tschechoslovakei am 10. März 1938 nach Wien zurück um mich an der Wahl zu beteiligen, konnte aber nicht mehr nach dem „Anschluss“ meine unterbrochene Reise fortsetzen.

„Anschluss“

Kurz nach dem „Anschluss“ erschien ein hohes Mitglied der SS in unserem Büro und hat sich als der zugeteilte Firmen Kommissar vorgestellt. Er gab die Zusicherung, dass unter seiner Protektion die Firma unbelästigt weiter arbeiten kann und sich bemühen soll, so viel als möglich fremde Valuten für dass Reich zu produzieren. Jeden Freitag holte sich der Kommissar eine bedeutende Summe Geldes ab, andererseits hat er sich nicht in die Geschäftsführung eingemischt. Meine Versuche meine Verkaufsfahrt in die Tschechoslovakai fortzusetzen wurden abgelehnt. Meiner Braut war es möglich nach Brünn zu flüchten und es gelang mir endlich im Dezember die Ausfahrt zu erlangen. Wir hatten ein Affidavit für die USA und erwarteten das Visum im Februar 1939 zu bekommen. Ich hatte den Plan meine Geschäftsreise im Jänner zu beginnen und an dessen Ende meine Resignation von der Firma einzureichen. Dann in Brünn zu bleiben wo wir, vor der Abreise in die USA, heiraten wollten.

Die Monate vom „Anschluss“ an in Hietzing waren, im Vergleich was in der Brittenau und Leopoldstadt zuging, verhältnismäßig ruhig. Jeder der die Möglichkeit hatte war mit der Auswanderung beschäftigt. Man hörte nichts von irgendwelchen Ausschweifungen.

Zeitlich früh nach der Kristallnacht, von dessen Terror in anderen Stadtteilen wir unbewusst waren, erschienen zwei Männer in unserer Wohnung und wollten nach Waffen suchen. Ich erkannte den älteren Herren der in der Umgegung wohnte aber wusste nicht wer der Jüngere war. Wie sie dabei waren ins Schlafzimmer meiner Eltern zu gehen, sagte meine Mutter dass mein Vater noch ruht und sich nicht wohl fühlt. Der Jüngere bestannt darauf, worauf der ältere Mann ihm sagte es wäre nicht nötig und auch entschuldigte sich zu meiner Mutter bezüglich der zeitlichen Störung. Der Jüngere hat die Wohnung zuerst verlassen und der ältere Mann zögerte zwischen der Tür, dann wendete er sich zu mir und flüsterte „Verduftens den ganzen Tag!“. Ich wusste natürlich nicht was er meinte und bin ins Rathaus gefahren weil ich dort gewisse Papiere abzuholen hatte, die meine Ausreise ermöglich sollten.

Auf der Fahrt durch die Stadt sah ich unseren Tempel in der Eitelberger Gasse brennen, eine jüdische Parfümerie auf der Hietzinger Hauptstraße und mehrere Geschäfte in der Mariahilferstraße zerstört.

Im Rathaus war keine Störung, alles ging routinemäßig vor. Jedoch wie ich nach nach einiger Zeit ich endlich meine Papiere bekam und dabei war den Amtsraum im ersten Stock zu verlassen, sah ich unten beim Ausgang eine Gruppe Hitlerjugend jemanden verprügeln. Da war kein anderer Ausweg für mich, als durch diese Türe ins Freie zu gelangen und lief die Treppen rasch hinunter und meine Aktentasche vor mein Gesicht haltend, versuchte ich durch die Gruppe durchzubrechen. In gewisser Weise gelang es mir, aber ich spürte zwei Reitpeitschen auf mein Genick landen. Ich bin in den Park gerast und habe mich unter einen der grossen Büsche gleiten lassen. Ich fühlte das Blut von meinem Hals laufen aber ich konnte feststellen, nachdem ich nicht verfolgt wurde, meine augenblickliche Freiheit gesichert zu haben. Da ist es mir plötzlich klar geworden warum der Mann mir den Rat gab zu „verduften„!

Ich verblieb in meinem Versteck für eine Weile und wenn niemand in der Nähe war bin ich herausgekrochen, habe den Staub von meinem Mantel abgeschüttelt, ging zur Strassenbahn und mit der Linie 38 bis zur Endstation gefahren. Ich dachte in dieser Gegend würden wenig Juden wohnen und niemand wird dort auf deren Jagd sein. Ich fand ein Telefon und rufte zu Hause an und erfuhr, daß die SA mich dort gesucht hatte. Dasselbe hörte ich wenn ich mit meinem Onkel im Büro sprach. Ich wanderte dort für mehrere Stunden herum bis es dunkel wurde und dann telefonierte meine Schwester denn ich wollte bei ihr übernachten. Ich erreichte ihr Haus kurz nach neun Uhr abends, nachdem schon das Haustor abgeschlossen war. Am nächsten Tag wartete ich wieder bis nach neun Uhr abends, bevor ich zu meiner Wohnung zurückkehrte.

Nachdem die meisten jüdischen Freunde in der Nachbarschaft schon ausgewandert waren, blieb es verhältnismäßig ruhig und keine weiteren Arreste folgten.

Im Jänner 1939 verließ ich endlich Wien und begann meine Geschäftsreise in der Tschechoslowakei. Anfang März schickte ich meinen Musterkoffer und eine volle Spesenabrechnung zur Firma und unterrichtete den Kommissar von meiner Absicht von Brünn nach Amerika auszuwandern. Vor meiner Abreise hat er mir nämlich gedroht, falls ich Firmeneigentum behalten sollte, meine Eltern im KZ landen würden. Zehn Tage später wurde die Tschechoslovakai besetzt und ich fürchtete unsere Situation in Brünn würde sehr prekär sein. Jedoch, dank meiner Sprachkenntnisse die ich während meiner Reisen angelernt hatte, konnte ich mich mit den Beamten in der tschechischen Redeweise besprechen und erhielt einen unbegrenzte Aufhaltsbewilligung. Wir heirateten am 28. März und konnten endlich Ende des Jahres nach Amerika auswandern.

Im Jahre 1943 wurde ich zur Dienstleistung in der amerikanischen Marine gerufen, wo ich meist die Zeit in der Kampfzone des Pazifischen Meer verbrachte und in 1946 entlassen wurde. Während dieser Zeit hat sich meine Frau scheiden lassen. Ich heiratete wieder in 1948 und habe zwei Kinder von dieser Ehe und zwei Enkel.

Nach meiner Dienstentlassung im Sommer 1946 begann ich meine Stellung in New York, mit eine Firma die Büromöbel fabrizierte und in 1949 in die Kleinstadt York übersiedelte. 1975 habe ich mich als Manager von der Firma getrennt und meine eigene Geschäftsberatungsfirma gegründet, von der ich im Jahre 1982 in Pension ging.

Meine erste Rückkehr nach Wien war im Jahre 1958, dann 1974, 1979 und von dann an habe ich fast jährlich meine Familie dort besucht. Meine erste Rückkehr in 1958 war natürlich dramatisch, weil ich endlich meine Schwester und meinen Schwager nach zwanzig Jahren wiedersehen konnte, das erste Mal das Grab meines Vaters besuchte und die wenigen Verwandten treffen konnte, die wieder in Wien nach der Auswanderung dort Aufenthalt nehmen wollten. Leider war das 14 Familienmitglieder verneint, die in Vernichtungslagern umgekommen sind.

Der Flugplatz war damals nur eine primitive Holzhütte obwohl man schon sehen konnte, daß in nicht zu langer Zeit ein moderner Flughafen sich entwickeln wird. Der meiste Bombenschaden war schon wieder hergestellt und die Stadt sah wieder so wie einstmal aus. Natürlich, viele Geschäfte hatten sich geändert aber beim Demel konnte man sich noch immer an einen Indianerkrapfen ergötzen. Ich besuchte auch Retz, die Geburtsstadt meiner Mutter, wo mein Onkel nach seiner Rückkehr vom Konzentrationslager in Theresienstadt, das fast 100 jährige Familiengeschäft wieder aufgebaut hat.

Ich besuchte meine alte Schule in der Astgasse und fand nur einen der Lehrer die zu meiner Zeit unterrichteten, an. Er hat sich sogar an mich erinnert. Ich ging auch zur alten Familien Wohnung in der Bossigasse aber die derzeitige Inhaberin hat mich brüsk abgewiesen und darauf bestanden, daß sie die Möbel von meiner Mutter gekauft hat und alles ihr legal zugekommen ist. Zu dieser Zeit hat niemand von einer Wiedergutmachung gesprochen und mein kurzer Aufenthalt hat mir nicht erlaubt mich für mein Recht einzusetzen. Leider wollte meine Schwester sich an dieser Sache nicht beteiligen weil sie darauf bestand, daß man nach zwanzig Jahren das am besten lässt. Ich traf mich mit einem alten Schulkollegen, der Halbjude war und die Nazizeit überstanden hatte. Leider dauerte es 16 Jahre bis ich wieder Wien besuchen konnte.

Der Tempel in der Eitelbergergasse

Der Tempel hatte einen Vorgänger. Es war ein Bethaus in einem Eckladen in der Hadikgasase. Ich weiss nicht den Namen der Eckstraße aber es ist jetzt dort ein Hühneraugenoperateur, dessen Dienst ich vor mehreren Jahren, während eines Wiener Besuches, benützen musste. Dieses Bethaus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet und mein Großvater (mütterlicher Seite) Jakob König war einer der Gründer. In diesem Bethaus und später im neuen Tempel hat der Rabbiner Moritz Lewin die Mitglieder im Gottesdienst geführt.

Rabbiner Lewin kam von Nickolsburg und hat, ausser seiner Rabbinischen Verpflichtigungen, auch nachmittags die Religionsklassen in den Hietzinger Mittelschulen geleitet. Er hat in einem Haus in der Pentzingerstraße gewohnt. Seine Familie bestand aus: Sohn Otto, Diplomingenieur und Doktor Politischer Wissenschaften hat eine Ofen Fabrik gehabt. Er wurde an der Kristallnacht verhafted, landete in Dachau und fand zuerst seinen Weg nach England in ein Flüchtlingslager bis er schliesslich in 1940 in New York ankam. Er war verheiratet und hatte zwei kinder, Sohn Donald und Tochter Naomi. Er wurde Fabriksleiter einer Büromöbelfabrik die in Brooklyn, NY began und im Jahre 1949 nach York, Pennsylvania übersiedelte. Er ging in den Ruhestand in 1969 und starb in 1984.

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