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Vertrieben aus Hietzing

John Ross

John Ross‘ Vater hatte ein Geschäft in Hietzing, daß er nach dem „Anschluss“ aufgab. Er selbst ging in die Volksschule Am Platz und nachher in die Fichtnergasse.

Ich wurde 1926 in Wien geboren und lebte mit meinen Eltern Markus und Anna Rosenberger und meiner Schwester Martha in Hietzing in der Phillipsgasse 4. Mein Vater war ein großer Lederhändler. Als die Nazis in Österreich einmarschierten, an einem Freitag, beschloss mein Vater am nächsten Montag sein Geschäft aufzugeben. Am 10.November 1938, der „Kristallnacht“, kamen die Nazis und durchsuchten unsere Wohnung, aber ohne Erfolg – sie fanden nichts. Meine Mutter ist in einer katholischen Familie geboren worden, aber ist seit ihrer Hochzeit im Judentum. Die jüdischen Geschäfte in Hietzing wurden zerstört und beraubt. Eine Großtante von mir wurde zu Tode getreten.

Ich ging in die Volksschule in Hietzing am Platz und dann in das Gymnasium in der Fichtnergasse. Im April 1938 wurden die jüdischen Studenten vom Gymnasium heraus geworfen, zuerst in ein Gymnasium in Währing und dann in der Nähe des Sechshauser Gürtels. Einmal war unser jüdischer Professor nicht mehr da – er hatte sich aus Verzweiflung aufgehängt. Meine Schwester (gestorben 1937) und ich gingen jeden Samstag in die Synagoge in der Eitelbergergasse, die wie alle anderen in November 1938 verbrannt wurde. Wir mussten aus unserer Wohnung heraus und zogen in eine Pension auf der Hietzinger Hauptstraße. Alle Besitze die wir hatten, wurden weggenommen, außer unsere Haussachen, die wir nach Amerika schickten.

Mein Vater wanderte im Mai 1939 nach Italien aus, ich im August 1939 und meine Mutter am 1. September desselben Jahres. Im Februar 1940 erreichten wir New York. Im Holocaust verloren wir vier Verwandte. Ich bin Wissenschaftler geworden und habe die höchsten Ehren von der USA (Presidential Medal of Science, 1999) und von Österreich (Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, Erste Klasse, 2002) bekommen.

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