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Hans Frisch

Geburt in Wien

Ich wurde in Wien 13, St. Veitgasse 59 am 5. Juli 1923 geboren und habe dort bis Sommer 1938 gewohnt, weil ich Wien verlassen mußte. Ich bin in die Volksschule in der Auhofstraße gegangen und dann zur Goethe Realschule, Astgasse 3. Ich hatte meine Bar-Mizwah in der Synagoge in der Eitelbergergasse. 

Unser Nachbar Hans Moser

Ich bin seit 1953 hier in Jacksonville, höre noch gerne alte Wienerlieder und erinnere mich noch, wenn unser Nachbar Herr Hans Moser mich zur Trafik schickte, um 3 Zigaretten zu kaufen.

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Hans L. Eirew

Nachdem Hitlers Leibstandarte in der Fichtnergasse stationiert wurde, floh die Familie, die gegenüber der Schule wohnte, bald darauf nach England.

Ich wurde am 25.8.1924 in Wien geboren. Ich wohnte mit meinen Eltern Max und Else in der Fichtnergasse 20 gegenüber dem Hietzinger Gymnasium.

Mein Vater studierte Medizin in Wien, diente als Regimentsarzt hauptsächlich an der russischen Front im ersten Weltkrieg, studierte nachher Zahnheilkunde und hatte eine Privatpraxis in der Sechshauserstraße. Er war auch als Kieferchirurge bei der Arbeiterkrankenkasse angestellt. Meine Mutter, eine geborene Sperber, war verwandt mit dem Autor Manes Sperber und dem Dichter Alfred Sperber. Sie studierte knapp an der Wiener Universität, aber war nur Hausfrau und Mutter nach meiner Geburt. 9 Jahre nach mir wurde meine Schwester Margaret geboren.

Volksschule

Ich konnte eine idyllische Jugend geniessen, ging zuerst zur Hietzinger Volksschule, wohin man natürlich zu jeder Jahreszeit stramm marschieren musste – von Wagen oder Strassenbahn keine Rede. Ich hatte immer einen Fussball mit und nach der Schule ging es sofort zum alten Austria Platz, wo bis zur Dunkelheit „trainiert“ wurde. Heute kann sich wohl keiner mehr daran erinnern, aber zu der Zeit war der Platz eine grosse offenen Rasenfläche, die blieb nachdem die Austria an ihren neuen Platz zog. Meine Familie waren allerdings Rapid Fans und am Sonntag ging ich oft mit meinem Vater Binder & Co. In Hütteldorf zu bewundern. Zu Ostern war immer ein Tourne mit zwei Wiener Mannschaften, der Slavia oder Sparta Prag und eine aus Italien. Man konnte dann den ganzen Tag dort sitzen und seine Schnittlauchbrote verzehren. Den Sommer verbrachte man im Hietzinger Freibad und lernte den ersten Wasserball zu hantieren (ich war später dank dieses Frühstudiums engl. Nationalspieler). Im Winter durfte man nach der Schule eislaufen oder am Roten Berg rodeln. Ob er wohl noch dort ist? Sie bemerken jetzt schon, was meine geistige Einstellung zu der Zeit war.

Gymnasium

Nach der Volksschule kam ich an das Gymnasium gegenüber. Ich besitze noch meine Zeugnisse dieser Jahre, und sie geben ganz meinem Vater recht in seiner dauernden Vorhersage, dass ich der erste Kanalräumer unserer Familie werde. Mein hochverehrter Klassenvorstand war Herr Professor Riedl. Ich glaube er war später durch seine politische Einstellung bekannt.

Meine Mutter war überzeugt, dass in mir ein musikalisches Genie hegte. Ich brachte mehrere Geigenlehrer zur Verzweiflung, kam zuletzt noch in das Schulorchester, konnte aber nur die kleine Nachtmusik spielen, die sogar bis jetzt mein einziges piece de resistance ist.

„Anschluss“

Sofort nach dem „Anschluss“ 1938 verlor mein Vater seine öffentliche Stelle. Dann wurde ein Mann von der Partei als „Verwalter“ in seine Privatpraxis gesteckt, der sie ihm langsam abknöpfte. Am Tage des „Anschlusses“ wurde die Leibstandarte Adolf Hitlers in unserer Schule einquartiert und wir hatten fröhlich zwei Wochen Ferien. Wir Lausbuben kletterten natürlich den ganzen Tag über die Panzerwagen und Geschütze und befreundeten uns mit den jungen Soldaten. Zwei meiner neuen Freunde sprachen mich eines Tages ernst an und sagten: „Weißt Du, die geben uns hier fast nichts zu essen. Wir haben uns da ein paar Semmeln und Würstl gekauft, glaubst Du Deine Mutter erlaubt uns, die bei Euch zu kochen und essen?“. „Mit Vergnügen“ sagte ich und rückte mit sechs baumlangen Kerlen zu Hause ein. Meine Mutter fiel fast in Ohnmacht, denn sie glaubte, die kamen schon um uns mitzunehmen, denn zu der Zeit war das die dauernde Gefahr, aber wir hatten dann regelmässig diese lieben Gäste, wohl keiner älter als achtzehn.

Ich musste dann leider bald aus der Schule. Meine ehemaligen Lehrer und Mitschüler verabschiedeten sich aufs freundlichste und mit Bedauern, besonders der Geografielehrer Herr Übellacker, der ein „Illegaler“ gewesen war. Ich musste in eine rein jüdische Schule in einem entfernten Bezirk, die ich hasste, da der Unterricht sich fast nur auf Latein und Griechisch beschränkte. Diese Schule wurde auch bald geschlossen und ich musste Arbeit suchen. Ich musste mich dann bei der Jüdischen Kultusgemeinde auf einen Umschulungskurs als Automechaniker anmelden. Wegen der längeren Wartezeit stellte mich meine Mutter in die berühmte Kochschule Koffranek ein. Es war sehr interessant und nahrhaft, aber ohne längere Auswirkung. Mein Kurs war dann nicht an Autos, aber bei einem Schlosser in Simmering, wo ich lernte Schlüssel zu feilen und in Häuser einzubrechen. Teilweise hat mir dieses Studium in meinem späteren Beruf als Kieferorthopäde sehr geholfen..

Verzweifelte Eltern

Meine Eltern waren inzwischen sehr verzweifelt. Trotz der täglichen Gefahr war uns die Auswanderung nicht möglich. Wir suchten in Shanghai, Südamerika, Afrika und Palästina an, wurden aber überall abgewiesen. Bekannte meiner Eltern, die ihr Haus verloren hatten, zogen mit in unsere Wohnung, aber uns drohte das Gleiche.

Dann geschah ein wirkliches Wunder: Mein Vater hat sich mit 400 anderen österreichischen Ärzten und Zahnärzten um 12 Arbeitsplätze in Grossbritannien beworben und war einer der Erfolgreichen. Nun begann der Kampf um die Ausreisebewilligung, eine richtige Schikane. Man brauchte dazu einen Haufen Dokumente. Vater musste wochenlang vor verschiedenen Behörden, oft im Regen, Schlange stehen. Oft wurden plötzlich und ohne Erklärung die Tore geschlossen. Boshafterweise musste man alle Dokumente innerhalb einer Frist mehrerer Wochen zusammenkriegen, sonst musste man wieder von Anfang beginnen und das geschah den Meisten, auch meinem Vater.

Endlich war er so weit, ihm fehlte nur noch die Freigabe von der Wehrpflicht. Merkwürdigerweise war er als ehemaliger K.u.K. Offizier im Ersten Weltkrieg jetzt ein (jüdischer) Reserveoffizier der Deutschen Wehrmacht!

Er musste sich am alten Kriegsministerium melden, wo man ihn an ein Zimmer an einem hohen Oberstock wies. Schon von den Treppen hörte er laut erhobene Stimmen, fast wie ein lauter Streit, offensichtlich aus dem gesuchten Raum. Er klopfte mehrmals vorsichtig an die Türe. Das Geschrei ging aber weiter. Zuletzt öffnete er einen Spalt und steckte nur sein Gesicht herein. Er sah ein grosses Zimmer, ganz möbellos ausser zwei riesigen Schreibtischen, die sich in der Zimmermitte gegenüber standen. An ihnen sassen, mit funkelnden Stiefeln auf den Tischen, zwei Herren in SS Uniformen hohen Ranges, in hochanimierter Diskussion. Nach einer Zeit bemerkte ihn einer und schnaubte ihn an „Was wollns denn?“. Vater legte ihm seine Bescheinigung vor und erklärte, dass er eine Unterschrift benötige. Der Offizier unterzeichnete das Dokument und entliess Vater mit den Worten „Gehns schon, gehns schon, wir werns schon ohne Sie dermachen!“ Mein Vater ging schnell, war aber sehr empört über diese Zumutung und daher fast bereit die Emigration aufzugeben.

Meine Mutter bestand darauf, dass er jetzt – ein freier Mann – mit dem ersten möglichen Flug nach London abreise. Sie musste mit uns zwei Kindern zurückbleiben um den Auszug zu arrangieren. Wir durften nur Möbel, Kleidung, Bücher und persönlichen Besitz mitnehmen, aber keine Wertgegenstände, Silber, Schmuck usw. Beim Laden des Möbelwagens standen zwei SA Männer zur Aufsicht und stöberten durch jeden Koffer, jede Kiste und Hosentasche. Aber in bester Wiener Manier servierte ihnen meine Mutter wegen dieser anstrengenden Arbeit ein grosses zweites Frühstück mit Bier und Aufschnitt.

Lange Reise

Am nächsten Morgen reisten wir auch vom Westbahnhof ab. Mein alter Onkel Josef, ein höherer Polizeibeamter im Ruhestand, kam zum Abschied. Er war der Riese der Wiener Polizei gewesen. Als sich der Zug in Bewegung setzte, sagte er „Ich werde Euch nie wieder sehen“. Die letzte Erinnerung meiner Kindheit in Wien – dieser schöne grosse alte Mann, dem die Tränen übers Gesicht liefen, als er da alleine am Bahnsteig stand. Ich war ja seither wieder in Wien, aber dieses Bild werde ich nie vergessen.

Für die lange Reise hatten wir reichlichen Proviant mit, denn wir durften als Emigranten nur 10 Mark pro Person mitnehmen. Unser neues Leben in England begann daher mit einem Familienkapital von 40 DM. An der holländischen Grenze wurden wir strengstens durchsucht, sogar meine Babyschwester, und manche Leute wurden sogar mit Röntgen durchleuchtet. Das Töpfchen meiner Schwester wurde mit grösstem Verdacht abgeklopft. Dieser Wertgegenstand ging uns leider am selben Tage verloren. Die Kanalüberfahrt war sehr stürmisch und bei einer besonders hohen Welle flog das Töpfchen während Gebrauch über Bord. Zum Glück konnte meine Mutter noch meine Schwester erwischen. Leider hatten wir nicht genügend Geld um diesen Schatz zu ersetzen, sie musste daher schnell lernen mit der Britischen sanitären Technik auszukommen.

Unser Haus in der Fichtnergasse wurde von dem Mieter der oberen Wohnung „übernommen“, da er in der Partei war, aber der Wechsel war freundlich und nach dem Kriege erhielt mein Vater noch etwas Entschädigung. Ich habe seither mit Frau und Kindern die Fichtnergasse besucht, hatte aber nicht das Herz, das Haus oder die Schule zu betreten. Um die von meinem Vater für mich geplante Anstellung als Kanalräumer habe ich mich nicht beworben, auch nicht um die von Mutter erwünschte bei den Philharmonikern.

Meine Großmutter konnte noch am 3. September 1939, dem Kriegsausbruchstag, mit dem letzten Flug Wien verlassen und zu uns kommen. Onkel Josef starb während der Kriegsjahre aus „natürlichen Ursachen“ in Wien, anscheinend von seinen Polizeiverbindungen beschützt. Den Rest unserer Familie sahen wir aber nie mehr wieder.

In England

In den ersten Jahren in England waren wir sehr arm, nur von Gaben und Anleihen unterstützt. Oft fehlten die Mittel einen Laib Brot zu erstehen. Trotz ihrer weiten Erfahrung musste mein Vater und seine Kollegen ein Jahr an einer englischen Hochschule studieren und dann die Endprüfung in der Zahnheilkunde in einer Fremdsprache bestehen. Erst dann durfte er wieder arbeiten, zuerst als Assistent und dann in eigener Praxis. Beide Eltern lebten bis ins hohe Alter zufrieden in Manchester. Sie besuchten Österreich oft nach dem Krieg, hatten aber nie den Wunsch ganz zurückzukehren.

Ich hatte ausserordentliches Glück. Die Quaker christliche Sekte nahm sich meiner an und fand mir einen freien Platz in einer sehr guten boarding Schule (Pensionat) im Süden. Trotz meiner sprachlichen Unkund und meiner merkwürdigen Tracht, wurde ich sehr freundlich aufgenommen und verbrachte die besten Jahre meines Lebens dort. Unsere Lehrer steuerten sogar zusammen um mich für Schule, Privat und Sport anständig auszukleiden. Ich habe bis heute Ursache so vielen guten Menschen dankbar zu sein für diese wunderbare Aufnahme. Seit diesem Zeitpunkt nahm ich das Leben ernst, studierte anständig, später noch an zwei Universitäten und wurde Kieferorthopäde und Universitätsprofessor, Präsident der Britischen Kieferorthopäden etc. Trotz meinem gehemmten Deutsch konnte ich viele Vorträge und Kurse in Deutschland und Österreich geben.

Meine Schwester wurde auch Zahnärztin. Ich verbrachte mehrere Jahre beim Militär, um auch den selben Rang als mein Vater (Major) zu erreichen. Vielleicht braucht uns doch noch einmal jemand?

Heute bin ich natürlich englischer Staatsbürger, stelle mich aber immer noch als „Austrian“ vor. Und die goldene Jugend in Hietzing werde ich nie vergessen.

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Alexander und Hildegard Burjan

Das Paar war jüdischer Abstammung und wohnte ab 1925 in der Larochegasse 35

Das Paar war jüdischer Abstammung und wohnte ab 1925 in der Larochegasse 35. Hildegard Burjan, die zum Katholizismus konvertierte, wurde zur Gründerin der „Caritas Socialis“. Sie starb am 11.6.1933.

Ihr Gatte war bis 1938 Vorstandsmitglied des österreichischen Rundfunks und lebte bis 1938 in der Larochegasse. Rechtzeitig gelang ihm im März 1938 die Flucht nach Brasilien. Die Wohnung wurde von der Gestapo durchsucht, viele wertvolle Unterlagen wurden vernichtet.

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Vertrieben aus Hietzing

Altmann-Rogers, Ruth

Die Familie, die in der Sankt-Veit-Gasse wohnte, flüchtete Richtung Südamerika und New York.

Meine Familie, das waren meine Eltern Baurat Dr. Arnold Karplus, Architekt, und Else Karplus (geb. Zemanek), so wie wir Kinder Hanne, Gerhard, Hans und Ruth. Aus unserem Haus (von Arnold Loos für die Familie Steiner entworfen) in der St. Veitgasse 10 mussten wir 1938-39 vor den Nazis fliehen. Bis auf meinen Bruder Hans, der nach Südamerika emigrierte, gelangen alle früher oder später nach New York. Bis auf meine Schwester Hanne sind alle gestorben. Eine Altmann wurde ich durch meine Heirat mit Hans Altmann, den ersten Sohn des Textilindustriellen Bernhard Altmann, ebenfalls eine jüdische Familie aus Wien Hietzing von der Karlgasse 1.

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Vertrieben aus Hietzing

Shlomo Weissberger

Als Eduard Weissberger geboren, erzählt er von seiner Kindheit in der Lainzer Strasse, vom Haus seiner Eltern und der Schulzeit.

Wohnung in der Lainzerstraße 27

Ich wohnte in der Lainzerstraße 27 im ersten Stock, wo wir eine 7-Zimmerwohnung hatten. Im Parterre wohnte Herr Hartel mit seiner Frau. Er war unser Hausbesorger und Gärtner, der unseren herrlichen Garten mit „Lusthaus“ besorgte. Ich war in unserem Garten tagelang auf den Bäumen und pflückte Obst für mehrere Körbe. Ich ass so viel Obst, dass ich mir den Magen verdarb. Ich war viel mit Herrn Hartel zusammen, der mir oft nette Geschichten erzählte. Er hielt Hasen und Hühner und jedesmal wenn er ein Tier schlachtete, weinte seine Frau. Später jedoch briet sie diese Tiere mit Genuss.

In einer anderen Wohnungen lebten Herr und Frau Padrta mit ihrer Nichte, die auch das anliegende Geschäft der Wäscherei und Reinigung besorgte. Das waren nette Leute und ich fühlte mich in ihrer Gesellschaft wohl. In einer Nische beim Hauseingang stand eine antike Statue aus Holz, die eine Madonna darstellte. Sie war wertvoll und mein Vater dachte einmal daran sie zu verkaufen. Frau Padrta hing sehr an dieser Statue und auf ihre Bitte blieb die Madonna auf ihrem Platz. In einer anderen Wohnung, an die ein Papier- und Schreibartikelgeschäft angeschlossen war, wohnte Herr Vagovitsch mit Frau und Tochter. Mit ihm hatten wir korrekte Beziehungen.

Volksschule

Ich ging in die Volksschule am Hietzinger Hauptplatz. Ich hatte einen guten Freund. Die Lehrerin sagte zu meiner Mutter: „Der Helmut kämpft für den Edi wie ein Löwe.“ (Damals hieß ich Eduard und man rief mich Edi). Etwas später hatte ich einen anderen sehr guten Freund. Er hieß Hansl Stätter, seine Eltern waren Adelige. Er war viel in unserem Haus und Garten. Ich war oft im Garten seiner Villa, die einige Häuser von unserem Haus entfernt war, aber nie in der Villa. In Schönbrunn fanden wir einen Baum, der abseits von den Fußwegen stand und bauten in ihm ein „Nest“, wo wir viele schöne Stunden zusammen verbrachten. Vor den Wahlen in Deutschland sagte er einmal zu mir: „Warte was nach den Wahlen sein wird.“ Damals verstand ich nicht was er meinte. Als Hitler zur Macht kam war die Freundschaft vollkommen aus.

Oft nach einem herrlichen Sonntag war es für mich wie ein Alptraum, am folgenden Montag, mit unvollkommenen Hausaufgaben, in die Schule zu kommen. Ich hatte nicht genug Zeit für Hausaufgaben, da ich mit anderen Dingen beschäftigt war. In der Religionsstunde stellte mir der Lehrer eine Frage, (ich glaube er war ein Rabbiner) die ich nicht beantworten konnte. Dann fragte er mich: „Wie lange dauerte der 30-jährige Krieg?“. Ich dachte, trotzdem man diesen Krieg so nennt, dauerte er möglicherweise nur 29 oder vielleicht 31 Jahre und antwortete nicht. Lehrer und Klasse lachten. Er fragte mich noch einige Male mit Betonung der Zahl 30 und alle lachten. Nach der Volksschule ging ich in die Realschule. Bei den Endprüfungen der zweiten Klasse bekam ich einige „nicht genügend“ und stand vor der Wahl, eine Klasse sitzen zu bleiben, oder in der Hauptschule fortzusetzen. So kam ich in die Hauptschule.

Handelsschule

Nach der Hauptschule lernte ich in der Handelsschule Allina. Zu Weihnachten verbrachte ich die Ferien mit der Schule in den Alpen. Als man uns in Gruppen einteilte sagte ich, dass ich mit den fortgeschrittenen Skiläufern sein wollte. Das amüsierte meine Mitschüler, da ich nicht so aussah, und die nicht wussten, dass ich durch meine Ausflüge mit den Pfadfindern im Skilaufen nicht so unerfahren war, als sie annahmen. Nach den Ferien rief mich der Lehrer zur Tafel und gab mir eine Rechenaufgabe auf, die ich zufriedenstellend löste. Darauf sagte der Lehrer: „Bei dem Weisberger kann man nie wissen woran man ist.“ Neben mir saß ein Bursche der älter als ich war. Er erzählte mir viel, dass ihn die Polizei oft verhaftete, um von ihm Namen von Mitgliedern, die so wie er, in der nationalsozialistischen Partei waren, zu erfahren. Einmal fragte er mich: Warum bist du nicht auch in der Partei? Ich antwortete, dass ich das nicht kann, da ich Jude bin. Er schaute mich an und sagte: „Is a schad um Dich.“

Nach der Handelsschule nahm mich mein Vater in seine Fabrik, ein großer Komplex, der sich von der Postgasse bis zur Barbaragasse ausdehnte. Oft gingen wir am Morgen durch Schönbrunn und nahmen dann die Untergrundbahn zur Fabrik. Ich begann Buchdrucker zu lernen. Mein Meister, Herr Kosmos, bemühte sich mit mir. Er sagte zu mir: „Aus dir wird kein Buchdrucker werden“. Er hatte recht. Oft war ich mit einem netten Mädchen, das auch in der Abteilung arbeitete, zusammen. Einmal sagte ich etwas, was sich nicht passte und sie sagte: „Du bist ein mieser Jud“. Das war für mich wie ein Stich mit dem Messer. Sie hat mich schwer verletzt. Das war einige Monate vor dem „Anschluss“. Ich hatte eine andere Religion, zum Teil eine verschiedene Tradition und sprach nicht gut wienerisch. Aber mein Verlangen war als gleichwertig betrachtet zu werden. Als ich bei einem Ausflug in einer Herberge übernachtete, trug ich mich im Gästebuch in der Rubrik „Beruf“ als Arbeiter ein. Ich wollte nicht mehr sein, als einer vom Volk.

Schöne Zeit

Ich hatte schöne Zeiten, bewunderte die wunderschöne Stadt Wien, lebte gut in Hietzing, machte fantastische Ausflüge mit den Pfadfindern. Ich war im österreichischen Pfadfinderbund, Kolone 8, Gruppe 58. In unserer Gruppe waren Juden in der Mehrheit. Ein Jüngling sagte: „Mei Tant is a Jud“. Wir machten jeden Sonntag Ausflüge im Wienerwald. Dann gab es auch Sommer- und Wintertouren und Sommerlager mit der ganzen Kolone, wo wir selber unsere Holzhütten bauten. Das Heim unserer Gruppe befand sich im Schloss Schönbrunn, in einem Seitenflügel, der einmal für Dienstpersonal bestimmt war. Außerdem ging ich oft auf Stehplatz in die Oper, auch ins Theater und in den Prater. Es gab viele freundliche Leute. Was mich aber schon damals störte war, wenn die Freundlichkeit nicht ernst gemeint war, und das geschah oft. Nach dem „Anschluss“ hatte ich einen Unfall und kam ins Krankenhaus. Jeden Tag kam ein Bursche und sagte laut: „Der Herr hat gehängt die Juden. Hier liegt der Jud mit der zerschnittenen Haxen“. Der Mann der neben mir lag sagte: „Aber das ist doch jetzt nicht so wichtig“.

ElternMein Vater stammte aus der Tschechei, während meine Mutter von Kindheit Wienerin war, wie auch ihre Vorfahren seit Generationen Wiener waren. Nicht weit von Prag besuchten wir die Grabstätte von einem Ur-Urgrossvater, der ein berühmter Rabbiner war. Wir machten einen Abstecher nach Wien, wo wir acht Stunden verblieben. Wir standen vor dem Haus in der Lainzerstraße 27 und mein Bruder und ich erklärten von der Straße aus, wo sich die verschiedenen Zimmer befanden. Vor fünf Jahren stand meine Tochter mit ihrem Mann so wie wir vor dem Haus. Sie bat um Einlass, er wurde ihr aber nicht gewährt. Ich wollte sehr meiner Frau und meinen Kindern den Garten zeigen, der viel zu unserer Fröhlichkeit beitrug. Möglicherweise hätte man uns hineingelassen. Ich wagte aber nicht um die Erlaubnis zu bitten, da eine Verneinung mich zu sehr betroffen hätte.

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Ausstellungen

Wien–New York und retour.

Ein Blick in die Ausstellung der Volkshochschule Hietzing über das Leben von Stella K. Hershan.

Zitate aus dem Werk von Stella K. Hershan, die in der Ausstellung ???? zu lesen ??? (oder nur weiterführend???)


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Vertrieben aus Hietzing

Stella K. Hershan

Stella Hershan ging in die Wenzgasse zur Schule und flüchtete in die Vereinigten Staaten, wo sie Schriftstellerin wurde.

Im 99. Lebensjahr verstarb im August 2014 dieses Jahres die aus Österreich vertriebene Schriftstellerin Stella K. Hershan. Bis zu letzt lebte sie in ihrer Wohnung am Washington Square in New York, die mit vielen Fotos und Erinnerungsstücken ein Stück Wien für sie war. Ihre Tochter Lisa schreibt: „I am so very grateful for the long time I had her and for the fact that she never suffered or was ill. She lived in her apartment until the end and her mind was still sharp.“ 

Stella K. Hershan wurde am 7. 2. 1915 in Wien als Kind jüdisch assimilierter Eltern geboren und lebte bis zu Ihrer Flucht vor den Nazis in Hietzing in der St. Veitgasse. Über die Schweiz, quer durch Frankreich floh sie zunächst nach Paris, dann nach Cherbourg in der Normandie, wo sie das Schiff Queen Mary bestieg. Am 9. Februar 1939 erreichte sie New York. 

Siue widmete sich in ihren Romaen Frauenpersönlichkeiten wie zum Beispiel der russischen Fürstin Katharina Bagration-Skawronskaya, die eine Liebesbeziehung zu Metternich einging. Ihr Leben wird im Roman „Der nackte Engel, Roman“ (Originaltitel: The Naked Engel London 1973), geschildert. Dieses Buch wurde in zahlreichen Sprachen übersetzt. Weitere Romane: „Daughter of revolution“ (München. 1989) und der Briefroman über Kaiser Elisabeth „In Freundschaft, Elisabeth. Briefroman.“ (1992) „The Maiden of Kosovo“ (2003) Darüber hinaus hat sie einige Sachbücher so zum Beispiel über Eleonor Roosevelt verfasst. 

Im Jahr 2005 hat die VHS Hietzing ihr zu Ehren eine biographische Ausstellung für Stella K. Hershan gestaltet. Ihren 90. Geburtstag feierte Sie im Rahmen der Ausstellung in der Volkshochschule. Die VHS Hietzing wird sich bemühen, dass eine Straßenfläche nach dieser vertriebenen Schriftstellerin in Hietzing benannt wird. 

“Ich bin in Hietzing aufgewachsen und bin einige Jahre ins Hietzinger Gymnasium an der Wenzgasse zur Schule gegangen. Leider habe ich persönlich nichts besonders Gutes von diesen Jahren zu berichten. Meine Einführung in das Schulwesen begann in der „Freien Schule“ an der Albertgasse. Diese Schule hatte einen ganz großen Eindruck auf mein Leben gemacht. Es war eine ganz fortschrittliche und liberale Schule, in der man lernte für sich selbst zu denken. Es gab keine Bänke, sondern kleine runde Tische und man wählte, was man in der nächsten Stunde lernen möchte. Hausaufgaben gab es nicht und man lernte auch, dass man Anordnungen, mit denen man nicht einverstanden war, unbedingt befolgen sollte. Nachher zogen wir nach Hietzing. Ich denke, während meiner ersten Schulzeit, habe ich mich im Hietzinger Gymnasium an der Wenzgasse nicht sehr bewährt. Die Schule war sehr streng und ich bin in der 3. oder 4. Klasse in Turnen, Naturgeschichte und Mathematik durchgefallen.

Aber trotzdem ich in der Versetzungsprüfung in Naturgeschichte alles über den Tintenfisch, welcher mich interessierte, wusste, behauptete die Lehrerin, dass ich geschwindelt hatte, da ich durch das ganze Jahr kein einziges Buch geöffnet hatte, und ich die Klasse doch noch einmal wiederholen musste. Da ich schon damals eine Fanatikerin gegen Ungerechtigkeit war, erklärte ich, dass ich nicht weiter in diese Schule gehen würde. Ich verließ das Gymnasium und ging in die Sprachschule Weiser, eine Fortbildungsschule für junge Mädchen und dort lernte ich wenigstens Sprachen – ich wusste nicht, wie wichtig das für mein späteres Leben sein würde, und auch Literatur – sehr wichtig für mein späteres Leben als U.S. Schriftstellerin, eigentlich hatte das schon in der Schule begonnen, da ein Aufsatz von mir in der Jugendbeilage der Freien Presse gedruckt wurde.

Die Flucht

Er hieß „Menschen in der Bar“ und ich war sehr stolz und dachte ich sei nun Schriftstellerin mit ungefähr 15. Trotzdem heiratete ich sehr jung, mit achtzehn hatte ich eine Tochter und dann begannen die schrecklichen Jahre und wir mussten flüchten. Aber nach den ersten harten Jahren in Amerika begann ich mein Studium nachzuholen. Ich nahm viele Kurse an der New Yorker Universität, die Professoren dort waren sehr freundlich und sagten ich hätte einen sehr angenehmen, einfachen Stil. Ich schrieb meinen ersten Roman auf englisch, er heißt „Der nackte Engel“ und handelt über eine russische Prinzessin, welche eine berühmte Liebesaffäre mit Fürst Metternich hatte. In Amerika fand ich kein Interesse an europäischer Geschichte und der Roman wurde dann von Fritz Molden Verlag in Übersetzung 1972 in Wien verlegt. Er wurde ein Bestseller, wurde auch in Wien im Kurier in Kurzfassung publiziert und in 5 Sprachen übersetzt. Ihm folgten andere Bücher auch in Übersetzung. Ein Kind der Revolution, zur Zeit von Marie Antoinette und Napoleon, zwei Bücher über Eleanor Roosevelt auf Englisch und „In Freundschaft Elisabeth“.

Brief der Kaiserin

Ein fiktiver Brief der österreichischen Kaiserin, welchen ich selbst auf Deutsch geschrieben habe und welcher in allen deutschsprechenden Ländern sehr freundlich aufgenommen wurde. Ich denke meine damaligen Lehrerinnen im Hietzinger Gymnasium würden sehr erstaunt sein. Aber außer der Schule, habe ich mein Leben in Hietzing in sehr warmer Erinnerung. Vielleicht interessiert es Sie auch, dass ich im November 1933, in der Synagoge in der Eitelbergergasse getraut wurde. Auch möchte ich hinzufügen, dass die Firma meines Mannes (deceased) Rudolph Herschan, die Eisenkonstruktion Fabrik Siegfried Herschan (sein Vater), am Bau dieser Synagoge beteiligt war.“

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Vertrieben aus Hietzing

Irene Jerusalem

Irene Jerusalem war eine Lehrerin der Wenzgasse, wurde nach Lodz (Polen) deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.

Aufmerksam gemacht auf Frau Prof. Irene Jerusalem wurden wir durch eine im Schulhaus befestigte Gedenktafel mit folgendem Wortlaut:

„Zum Gedenken an Frau Prof. Irene Jerusalem, die an dieser Anstalt viele Jahre segensreich wirkte. Sie wurde 1941 nach Lodz-Polen deportiert und starb als Opfer des NS-Regimes.“ Das machte uns neugierig, und wir wollten mehr über das Leben von Prof. Jerusalem erfahren. Schon bald organisierte Frau Prof. Brandl – Berger ein Treffen mit Dr. Hans Jerusalem, dem Neffen von Irene, und zusammen mit zwei Klassenkameraden und meiner Deutschlehrerin besuchten wir ihn. Hans Jerusalem zeigte uns Photos, erzählte viel aus dem Leben seiner Tante, bei der er aufgewachsen war, und gab uns einige Adressen von Leuten, die Irene Jerusalem persönlich gekannt haben. Irene Jerusalem war wegen ihrer Lehrmethoden und ihrer freundlichen, aber doch strengen Art bei den meisten Schülerinnen sehr beliebt. Von Frau Dr. Hertha Bren, einer ehemaligen Schülerin, erfuhren wir, dass sie für alle eine außergewöhnliche Professorin gewesen war, weil sie von ihr gelehrt wurden, über die Probleme des Lebens nachzudenken, stets nach den Hintergründen zu fragen und sich nicht widerstandslos irgendeine Meinung aufdrängen zu lassen. Angeregt durch ihre Schülerinnen, half Irene Jerusalem mit, durch Spenden eine Wohnmöglichkeit für (anfangs 10) obdachlose Mädchen im Wiener Settlement zu finanzieren.

1937 verließ Irene Jerusalem die Schule und ging in Frühpension; sie ahnte im Voraus, was kommen würde, und somit ersparte sie sich eine Kündigung durch die Nationalsozialisten nach 30 – jähriger Tätigkeit an unserer Schule. – Als sie 1941 den Bescheid bekam, dass sie sich zwei Wochen später zum Abtransport an ein unbekanntes Ziel einzufinden habe, versuchte sie nicht einmal zu fliehen, obwohl sie einen Bruder in Israel hatte. Irene Jerusalem blieb, wurde nach Lodz deportiert und 1941 von den Nationalsozialisten ermordet. Wir hätten noch gerne erfahren, wie der Anschluss 1938, die Kündigung jüdischer Lehrer/innen und der Austritt von 110 jüdischen Schülerinnen aus der Schule von den übrigen Lehrer/innen und Schülerinnen aufgefasst wurden, ob sie überhaupt versuchten, sich um diese zu kümmern und ihnen zu helfen, oder ob sie alle wegsahen, nicht darüber sprachen und sogar der Judenverfolgung zustimmten. Welche Gründe gab es für die „arischen“ Schülerinnen, ihre jüdischen Kolleginnen zu meiden, die Unterhaltung mit ihnen auf ein Minimum zu reduzieren, sie aus der Gemeinschaft auszuschließen? War es die Unsicherheit, wurden sie von ihren Eltern – schon länger oder von einem Tag auf den anderen – dazu erzogen, oder hatten sie selbst Angst?

Wir glauben, Irene Jerusalem hat ihren Schülerinnen viel gegeben, denn es ist – heute zumindest – etwas Außergewöhnliches, von einem Lehrer so eine gute Meinung zu haben, sich später an so viele seiner Aussprüche zu erinnern und sich sogar für das Fach genauso zu begeistern wie der Lehrer selbst. Irene Jerusalem motivierte ihre Schülerinnen, half ihnen, kümmerte sich um die Mädchen im Obdachlosenheim, die sie regelmäßig besuchte und sich mit ihnen unterhielt, und sie zog auch noch ihren Neffen Hans auf. Als Hertha Bren sie aus Verzweiflung privat besuchte – sie durfte nach der Matura, weil sie eine jüdische Großmutter hatte, nicht studieren und auch keinen Sozialberuf ergreifen – sprach sie lange mit ihr, sagte ihr, was für andere Möglichkeiten einer Ausbildung sie noch hätte und baute sie wieder auf. „Sie jedoch, die uns die Liebe zu den Menschen lehrte, die sich am Beginn ihres Leidensweges sorgte, ob wir damals Verfolgten die Probe als Sieger bestehen würden, kam nie mehr zurück.“ (Zitiert aus einem Text von Dr. Hertha Bren.) Früher waren es 6 Millionen ermordete Juden, eine unfassbare Zahl, aber jetzt ist uns daraus ein Schicksal nähergerückt, und wir verstehen alles besser.

Auch Prof. Paula Fuchs und Prof. Martha Weißweiler gingen in Konzentrationslagern zugrunde, wie wir der Rede von Dr. Eva Berger-Hitschmann anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der „Wenzgasse“ entnommen haben. Von Paula Fuchs wissen wir, dass sie am 14.9.1942 nach Maly Trostinec deportiert wurde und am 18.9.1942 starb. Martha Weißweiler wurde am 14.9.1942 nach Theresienstadt deportiert und zwei Jahre später, am 16.10.1944, nach Auschwitz überstellt, ihr Todesdatum ist nicht bekannt.

Inzwischen ist der „Irene Jerusalem Weg“ in Hietzing nach ihr benannt.

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Vertrieben aus Hietzing

George Strauss

Dr. Strauss wuchs in der Lainzer Straße auf. Er verließ Hietzing Richtung Australien und wurde schließlich Universitätsprofessor in den USA.

Schulzeit

Ich besuchte das Hietzinger Gymnasium von der 1. bis 7. Klasse zwischen 1931 und 1938 und wohnte damals in Sulz im Wienerwald (seinerzeit Sulz-Stangau). Ich fuhr jeden Tag mit dem Autobus zur Schule (Fahrzeit 1 Stunde). Ich bin noch heute stolz auf die ausserordentliche Erziehung, die ich dort bekam und habe viele (meistens gute) Erinnerungen. Von den Professoren möchte ich besonders unseren Klassenvorstand Prof. Oskar Swoboda erwähnen. Er hatte großen Einfluss auf mich. Nach dem „Anschluss“ drückte er seine gute Gesinnung für und jüdische Schüler in verschiedenen Wegen aus, obwohl er natürlich nichts offen sagen konnte. Im großen Gegensatz waren gewisse andere Professoren ganz offene Nazianhänger. Im Mai 1938 wurden alle jüdischen Gymnasiasten in einer Schule (Wasagasse, Hernals) gesammelt, wo wir dann das Schuljahr beendeten. Wir bekamen ein Zeugnis mit einer Klausel „Dieser Schüler wurde ordentlich abgemeldet. Keine Einwendung gegen Annahme in einer anderen Schule“. Aber da war natürlich keine andere Schule für Juden. Ein Beispiel wie solche Verfolgungen immer gemäß einem „Gesetz“ gemacht wurden.

Familie

Unsere Familie hatte seit Jahren eine Mietwohnung in der Lainzerstraße Nr. 134, wo ich manchmal auch für kurze Zeit wohnte. In den Jahren vor 1938 wohnte mein Onkel Max Löwy dort. Er wurde verhaftet und nach Dachau gebracht. Mit Hilfe eines falschen Visums für Cuba konnte er herauskommen. Er kam nach Frankreich, war in der Resistance tüchtig und starb möglicherweise an Verletzungen vom KZ. Unsere Familie hatte dann das Sanatorium Dr. Löwy (benannt nach Dr. Emil Lövy, gestorben 1934) 1890 in Sulz gegründet. Wir waren die einzige jüdische Familie dort. Mein Vater war der Gemeindearzt und eine Vielzahl der Leute von Sulz arbeiteten im Sanatorium. Viele Sulzer waren sympathisch und haben uns geholfen. Mein Vater verlor später seine Stelle als Gemeindearzt, doch das Sanatorium blieb weiter offen. Leute aus Wien kamen hierher, weil es draussen sicherer war. Ein Kommissar wurde uns zugeteilt (alle jüdischen Unternehmen mussten einen haben) und wir mussten für seinen Unterhalt (mit seiner Familie) zahlen. Bald ging der Betrieb zugrunde und wir versuchten mit großen Anstrengungen Emigrationsdokumente zu bekommen.

„Kristallnacht“

Während der „Kristallnacht“ im November 1938 wurden wir in der Nacht von Männern aufgeweckt. Sie brachten uns zum Nordbahnhof wo Züge bereit standen. Der lokale Gendarmerieinspektor (war früher ein Nazi) war auch da. Er folgte meinem Vater in die Toilette, sperrte die Tür zu und sagte, dass diese Leute nicht wissen was sie tun. Am Bahnhof gehen sie herum, mischen sich unter die Leute und gehen langsam weg. Nach einer sehr furchterrenden Fahrt zum Bahnhof war es so wie der Inspektor gesagt hatte. Wir nahmen eine Straßenbahn und fuhren für mehrere Stunden. Nach einigen Tagen in der Lainzer Wohnung kehrten wir nach Sulz zurück. Mit großem Glück bekamen wir noch rechtzeitig die nötigen Dokument und konnten auswandern.

Persönliche Details

Februar 1939 Auswanderung nach Australien. Arbeitete und studierte Chemie und Chemie-Ingenieur als Abendstudent. 1952 kam ich in die USA, absolvierte dort das Studium zum Doktorat in Chemie. Begann dort eine akademische Laufbahn und war Professor an der Rutgers University. Jetzt bin ich Professor Emeritus (in Pension).

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Vertrieben aus Hietzing

Mary Bloomberg

Mary Bloomberg (geb. Maria Klopper) wuchs in der Sankt-Veit-Gasse/Ecke Larochegasse auf. Ihre Familie flüchtete in die Vereinigten Staaten.

My parents were Harry and Lilly Klopper. My dad was an attorney, and his office was in the Hochhaus, in the city. My grandfather was one of the founders of the Synagoge, but I don´t remember his being particulary religious. My parents and my brother and I were not religious, though we were exposed to religion in school. We lived at St. Veitgasse 24, corner of LaRochegasse 37. We lived in an apartment. I do remember that we had a very nice terrace, and also there was a garden, where I played when I was a little kid. Also there was a park not too far from us, I think it was a city block, on Fichtnergasse (or some such name). Also took tennis lessons in some park, but don´t know where. The first time I was a aware of a swastika, was when I was 10 years old, in 1933, when mother and I went skiing in the Alps, and saw Swastikas made out of wood, being burned. The day after the „Anschluss“ all my classmates, who had been friends (or so I thought) who were not Jewish arrived in their Nazi uniforms, and no longer spoke to the Jewish girls. There were just a few of us in each of the classes. Even the teachers gave us a hard time. I was able to stand this for a month, when I dropped out of school. One teacher, Prof. Angemeier (spelling) had the guts to take me aside and tell me how sorry she was to see me go.

Our family nursemaid

Our family nursemaid used to sneak over to our house at night to help my mother. Our maid who had been with us for 7 years, left the day of the „Anschluss“, running down the street screaming that she had worked for these „dirty“ Jews for all these years. One thing I might add is that my dad was saved because he a letter stating that he had been an officer in the Austrian army during World War I. In September 1938 I left Vienna with the help of the American Embassy and the JDC (Joint Distribution Committee) and went to London. Was in boarding school for a couple of months before coming the U.S. My brother was already in the States, my mother arrived here in April 1939, and my dad was first in a labor camp in France, escaped from there, went over the Pyrennes eventually to Lisbon, from where he first went Santa Domingo, and eventually got here in September 1940.

My Grandparents died before the „Anschluss“

Fortunately my grandparents died before the „Anschluss“, because the whole mess would have very traumatic, and probably impossible to deal with. Our whole family was able to get away. One family ended up in France and finally came to New York. Another family ended up in England, and we and another family ended up in New York. Fortunately, inspite of all the hardships and changes, we were lucky and our lives turned out to be successful and good. My dad died at age 88, and my mother died at age 94. I went to Highschool in New York, then went to college, Smith College in Massachusetts. Married an American from Cleveland Ohio. We have two children, boy and girl, and three grandchildren, two boys and one girl. From March 38 to September 38 was a horrible time for us. You´d never know what the next day would bring. Fortunately most of our friends were able to get out as well. Many ended up in the States. Some went to Australia, some went to England, some to Sweden. Of course we lost touch with some of them. But by and large we were the lucky ones.